Demenz-Risiko und Alkohol – Studien liefern scheinbar widersprüchliche Ergebnisse

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Demenz und Alkohol

Der Einfluss von Alkohol auf Häufigkeit und Ausprägung von Demenz ist Thema intensiver Forschungsarbeiten. Dabei wird nicht nur der Frage nachgegangen, ob Alkohol grundsätzlich das Risiko für Demenz erhöhen kann, egal in welcher Menge. Es wird auch untersucht, ob Alkohol, in geringen Mengen natürlich, auch die Entwicklung einer Demenz verzögern eventuell sogar verhindern kann. Da sich prospektive klinische Studien mit Alkohol aus ethischen und gesundheitlichen Gründen verbieten, sind die Forscher bei der Klärung dieser Fragestellung auf beobachtende Studien angewiesen, was die Interpretation der Daten nicht einfacher macht.

Alkohol ist Hauptrisikofaktor für frühe Demenz

Wenig überraschend ist das Ergebnis einer Studie aus Frankreich, nach der etwa die Hälfte aller von früher Demenz betroffenen Menschen ein Alkohol-Problem hatten. Auch wenig überraschend, dass mehr Männer als Frauen betroffen waren, ist doch Alkoholismus in jungen Jahren ein mehrheitlich männliches Problem. Die frühe Demenz von Menschen unter 65 Jahren ist eine vergleichsweise seltene Form von Demenz. Weit häufiger kommt die Altersdemenz vor. Auch hier ist die Frage zu klären, ob Alkohol einen Risikofaktor für diese Form der Demenz darstellt. Grundsätzlich ja, wenn auch bei der Altersdemenz eher der Leitsatz von Paracelsius „Die Dosis macht das Gift“ zum Tragen kommt. Amerikanische Forscher fanden in einer entsprechenden beobachtenden Studie heraus, dass ein moderater Alkoholkonsum von 1-2 Gläsern Wein oder Bier pro Tag das Demenzrisiko um etwa ein Drittel gegenüber Abstinenzlern oder wenig Trinkern reduziert. Moderater Alkoholkonsum scheint also nach den Ergebnissen dieser Studie vor Altersdemenz zu schützen. Allerdings war auch in dieser Studie, genau wie in der französischen Studie zu beobachten, dass größere Alkoholmengen den geistigen Abbau beschleunigen und die Entwicklung einer Demenz fördern, unabhängig vom Alter der Betroffenen. Einschränkend muss auch für die amerikanische Studie festgestellt werden, dass die Art der beobachtenden Datenerhebung keine kausalen Schlussfolgerungen zulässt. Der Befund, dass Menschen mit moderatem Alkoholkonsum seltener an Demenz leiden als Abstinenzler, könnte auch an Faktoren liegen, die primär mit dem Alkohol nichts zu tun haben. Vielleicht ist es auch einfach nur das Ambiente, mit Partner und Freunden bei einer angeregten Unterhaltung und Diskussion ein Glas Wein oder Bier zu trinken. Wissen wir doch sicher, dass geistige Aktivität Demenz vorbeugt.

Fazit: Alkoholismus und mehr als zwei Glas Wein oder Bier täglich erhöhen unabhängig vom Alter das Risiko für Demenz. Geringere Mengen könnten im Vergleich zu Abstinenzlern des Demenzrisiko reduzieren. Ob die Zusammenhänge kausal Ursachen aufzeigen, bleibt zu klären.

Quelle: Schwarzinger M. et al. The Lancet Public Health, Volume 3, ISSUE 3, Pe124-e132, March 01, 2018
Koch M. et al. JAMA Netw Open. 2019;2(9): e1910319. doi:10.1001/jamanetworkopen.2019.10319

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